Betriebsaufgabe als Freiberufler oder Betriebsunterbrechung?

Tipps zum Ausstieg aus der Selbstständigkeit

Die Betriebsaufgabe von Freiberuflern ist nicht unbedingt ein Zeichen des Scheiterns. Oft steht nur eine berufliche Veränderung dahinter. So kann der Wechsel in ein Beschäftigungsverhältnis Freiberufler dazu bringen, ihre Selbstständigkeit aufzugeben. Dieser Beitrag erläutert, worauf es ankommt, wenn Sie Ihre freiberufliche Tätigkeit abmelden. Sie erfahren außerdem, warum es oft vorteilhafter ist, anstelle der Betriebsaufgabe, die selbstständige Tätigkeit langfristig zu unterbrechen.

Betriebsaufgabe: Für Freiberufler ein entscheidender Schritt

Es gibt viele verschiedene Gründe, aus denen Freiberuflerinnen und Freiberufler ihre Selbstständigkeit aufgeben. Vielleicht geht der oder die Selbstständige in den Ruhestand. Ein weiteres klassisches Motiv für eine Betriebsaufgabe: die freiberufliche Tätigkeit rechnet sich nicht wie erhofft.

Umgekehrt kann es auch ein Zeichen des Erfolgs sein, wenn Freiberufler ihre selbstständige Tätigkeit abmelden: Vielleicht hat ihre Arbeit einen Kunden so überzeugt, dass er der oder dem Selbstständigen eine gut bezahlte Beschäftigung anbietet. In diesem Fall stimmt es zwar, dass die Betriebsaufgabe die selbstständige Tätigkeit beendet. Doch für die Karriere gilt das nicht. 

Manchmal sind es auch die persönlichen Lebensumstände, die Selbstständige dazu bringen, ihre freiberufliche Tätigkeit abzumelden. Gründe können zum Beispiel die Gesundheit oder das Alter sein, ein Sabbatical oder eine Familiensituation, die regelmäßige Arbeitszeiten erfordert, weil Kinder betreut oder Angehörige gepflegt werden müssen.

Lesetipp: Wenn Selbstständige Eltern werden haben sie Anspruch auf Elterngeld. Lesen Sie hier alle wichtigen Informationen.

Der Ablauf: Schritte zur Betriebsaufgabe einer selbstständigen Tätigkeit

In Deutschland werden zwei Arten von selbstständigen Einzelunternehmern unterschieden: Gewerbetreibende und Freiberufler. Sie werden nicht nur unterschiedlich besteuert, auch die Formalitäten bei der Betriebsaufgabe der selbstständigen Tätigkeit unterscheiden sich. Andere Aspekte der Geschäftsaufgabe betreffen alle Selbstständigen gleich, unabhängig von Freiberuflichkeit oder Gewerblichkeit.

Was bedeutet die Betriebsaufgabe für Freiberufler genau?

Die formelle Anzeige der Betriebsaufgabe, beziehungsweise die Gewerbeabmeldung, sind unwiderruflich. Und sie haben Folgen: Wer sich entschließt, seine selbstständige Tätigkeit abzumelden, löst damit Steuerpflichten aus (siehe unten). Oft führt die Betriebsaufgabe zu einer beträchtlichen Steuerbelastung. Zurücknehmen lässt sie sich dann nicht mehr. Deshalb sollten Sie sich genau überlegen, ob Sie wirklich formell die Selbstständigkeit aufgeben möchten.

Alternativen zur Betriebsaufgabe: Betriebsunterbrechung oder veränderte Selbstständigkeit

Besteht die Möglichkeit, dass man zu einem späteren Zeitpunkt erneut freiberuflich tätig wird, oder nebenberuflich selbstständige Aufträge ausführt? Dann ist es oft empfehlenswert, die Selbstständigkeit nur zu pausieren. Es gibt keine feste Begrenzung, wie lange die Betriebsunterbrechung dauern darf. Eine (auch mehrjährige) Betriebsunterbrechung ist Ihr gutes Recht, solange es eine realistische Perspektive auf Wiederaufnahme der freiberuflichen Tätigkeit gibt. Niemand kann sie zwingen, eine Betriebsaufgabe durchzuführen. Sie können auch später noch Ihre selbstständige Tätigkeit abmelden, etwa wenn sich zeigt, dass die Gesundheitsprobleme bleiben oder dass Ihre berufliche Zukunft in einem festen Beschäftigungsverhältnis liegt. 

Solange Ihre selbstständige Tätigkeit nur unterbrochen ist, brauchen Sie keinen Aufgabegewinn zu versteuern. Das vermeidet in vielen Fällen eine hohe Steuerbelastung (mehr dazu unten).

In manchen Fällen lässt sich die Betriebsaufgabe auch vermeiden, indem die Selbstständigkeit neu ausgerichtet wird: beispielsweise durch ganz neue Dienstleistungsangebote oder Sortimente. Auch die Kooperation mit anderen Selbstständigen, beispielsweise in einer GbR, kann helfen, die Betriebsaufgabe der freiberuflichen Tätigkeit zu vermeiden.

Betriebsaufgabe für Freiberufler: die steuerlichen Folgen

Veräußerungsgewinn durch Betriebsaufgabe

Das Finanzamt behandelt eine Betriebsaufgabe wie eine Betriebsveräußerung und besteuert deshalb den Veräußerungsgewinn („Aufgabegewinn“). Es gibt zwar keinen Verkaufserlös für das Unternehmen, auf den Sie Steuern zahlen müssen. Aber: Der Wert des gesamten am Stichtag der Betriebsaufgabe vorhandenen Betriebsvermögens zählt als steuerpflichtige Einnahme des Unternehmens, von den Büromöbeln, den Rechner samt Software über Ihren Firmenwagen bis hin zu den Warenbeständen.

Diese auf den ersten Blick wenig einleuchtende Praxis beruht auf dem Einkommensteuergesetz (§ 16 EstG). Die Überlegung dahinter: Die Anschaffungskosten waren Betriebsausgaben, die den Gewinn gemindert und so die Steuern gesenkt haben. Da diese Dinge künftig nicht mehr betrieblich genutzt werden, entfällt der Grund für die ursprüngliche Gewinnminderung. Stattdessen geht das Betriebsvermögen in Ihr Privateigentum über und erhöht als (fiktiver) Aufgabegewinn den Einnahmenüberschuss des letzten Wirtschaftsjahres. 

Schlimmer noch: Bei den Dingen, die Sie nicht vor der Betriebsaufgabe verkaufen, zählt für die Steuer nicht etwa der verbliebene Buchwert nach Abzug der bisherigen Abschreibungen. Laut Gesetz „ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen.“ Dieser Gemeinwert ist eine Art fiktiver Verkaufspreis: das, was bei einem Verkauf zu erzielen wäre. Ist der bereits komplett abgeschriebene Geschäftswagen bei der Betriebsaufgabe laut Schwacke-Liste noch 15.000 Euro wert, zählen diese zum Aufgabegewinn hinzu. Immerhin dürfen Sie vom aktuellen Marktwert den noch vorhandenen Buchwert abziehen, wenn der Wagen noch nicht komplett abgeschrieben wurde. Der noch nicht abgeschriebene Teil der Anschaffungskosten wurde schließlich noch nicht steuermindernd geltend gemacht.

Natürlich wird der Veräußerungsgewinn auch durch alle Einnahmen erhöht, die durch den Verkauf von Büromöbeln etc. entstehen. Das Finanzamt verlangt auf den Ausgabegewinn Einkommensteuer. Bei Gewerbetreibenden ist er zudem gewerbesteuerpflichtig. Alle Verkäufe sowie die Übertragung von Betriebsvermögen ins Privatvermögen sind außerdem umsatzsteuerpflichtig.

Veräußerungsverlust

Der Veräußerungsgewinn ergibt sich aus einer Aufgabebilanz oder einer abschließenden Einnahme-Überschuss-Rechnung. Diese können am Ende auch einen Verlust aufweisen, weil die Verbindlichkeiten überwiegen. In diesem Fall können Sie den Verlust mit anderen Einkunftsarten verrechnen, etwa dem Gehalt aus der Beschäftigung, in die Sie wechseln.

Wenn die Einkünfte im Jahr der Betriebsaufgabe trotzdem negativ bleiben, können Sie den verbleibenden Verlust als Verlustrücktrag mit Einkünften aus dem Vorjahr oder als Verlustvortrag mit den Einkünften aus den nächsten Jahren verrechnen. Die Details besprechen Sie am besten mit Ihrem Steuerberater.

Steuerfreibetrag bei Betriebsaufgabe ab 55 Jahren oder wegen Berufsunfähigkeit

Sind Sie bei der Betriebsaufgabe mindestens 55 Jahre alt, oder dauerhaft berufsunfähig? In diesem Fall können Sie beim Versteuern des Aufgabegewinns einen Freibetrag von 45.000 Euro nutzen. Allerdings wird dieser Freibetrag um jeden Euro verringert, um den der Aufgabegewinn die Grenze von 136.000 Euro überschreitet. Erreicht er 181.000 Euro, verliert der Freibetrag seine Wirkung. 

Steuerlicher Vorteil durch Betriebsunterbrechung

Wird die Selbstständigkeit nur pausiert, fällt kein steuerpflichtiger Aufgabegewinn an. Im Gegenteil: Laufende Ausgaben, etwa für die Wartung oder Lagerung von Maschinen, für die Web-Domain oder für laufende Versicherungen sind grundsätzlich Betriebsausgaben, selbst wenn sie in dieser Zeit keine Aufträge angenommen und keine Einnahmen erzielt haben. Die entstehenden Verluste dürfen Sie für die Einkommensteuer mit anderen Einkünften verrechnen.

Wenn Sie dauerhaft wenig oder überhaupt keine Einnahmen erzielen und unterm Strich immer wieder Verluste einfahren, wird das Finanzamt Ihnen irgendwann „Liebhaberei“ unterstellen.  Dann können Sie keine Betriebsausgaben mehr ansetzen. Das geschieht aber frühestens nach ein paar Jahren. In diesem Fall können Sie immer noch Ihre Selbstständigkeit aufgeben.

Soziale und berufliche Seiten einer Betriebsaufgabe

Wenn Sie die freiberufliche Tätigkeit abmelden, hat das nicht nur steuerliche Folgen. Manche Selbstständige tun sich mit der neuen Situation auch persönlich schwer. Der Kontakt zu Kunden droht abzureißen. Gleiches gilt für die beruflichen Netzwerke und den Austausch mit anderen Freelancern oder Selbstständigen. Wer aus der Freiberuflichkeit in ein Beschäftigungsverhältnis zurückkehrt, muss sich eventuell umgewöhnen. Der Arbeitsalltag bietet weniger Entscheidungsfreiheit, man ist in festen Teams und klaren Vorgaben eingebunden und hat Vorgesetzte statt Kundinnen und Kunden.

Wenn die Betriebsaufgabe die selbstständige Tätigkeit beendet, stellt dies auch eine persönliche Herausforderung dar. Diese Entscheidung verlangt Klarheit. Sonst wird es schwierig, sich mit der neuen Situation zu identifizieren und die Chancen wahrzunehmen, die sie bereithält. 

Fazit: Die Betriebsaufgabe von Freiberuflern erfordert Vorbereitung und will gut durchdacht sein

„Dann mach ich den Laden eben dicht“: Manchmal kommt man tatsächlich an den Punkt, an dem man die freiberufliche Tätigkeit aufgeben will. Dann sollte man genau überlegen, ob man diesen Schritt sofort und unwiderruflich gehen möchte. Er ist mit bürokratischem Aufwand verbunden und führt in vielen Fällen zu einer zusätzlichen Steuerbelastung. Außerdem beraubt man sich einer Rückkehr-Option. Die Betriebsunterbrechung bietet die Chance, jederzeit in die Selbstständigkeit zurückzukehren, wenn sich die persönliche Situation ändert oder der Angestellten-Job nicht hält, was er verspricht.

Das alles bedeutet nicht, dass die endgültige Aufgabe der Selbstständigkeit für Freiberufler nie sinnvoll wäre. Sie sollte jedoch wohlüberlegt erfolgen, einschließlich der Prüfung von Alternativen. Die steuerlichen, beruflichen und persönlichen Herausforderungen der Betriebsaufgabe von Freiberuflern dürfen jedoch nicht unterschätzt werden.