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Verlustausgleich für Freiberufler und Selbstständige
Verlustvortrag und Verlustrücktrag
Was ist der Verlustausgleich? Freiberufler und Selbstständige können durch die Verluste in einem Jahr in einem anderen Jahr Steuern sparen
Schlechte Auftragslage, hohe Investitionen, Ausfälle durch Krankheit: wenn Selbstständige in einem bestimmten Jahr unterm Strich einen Verlust erwirtschaften, sind das aus Sicht des Finanzamts „negative Einkünfte“.
Darauf fällt keine Einkommensteuer an. Besser noch: die Verluste aus einem Jahr lassen sich mit dem Gewinn aus einem anderen Jahr verrechnen, so dass die Einkommensteuer für diesen Zeitraum sinkt. Diese Form der steuerlichen Verlustverrechnung nennt man Verlustausgleich.
Die Übertragung kann in beide Richtungen vorgenommen werden: sie senkt als Verlustvortrag die Einkommensteuer in Folgejahren, und als Verlustrücktrag die Einkommensteuer, die bereits in früheren Jahren bezahlt werden musste, also nachträglich. Allerdings gelten für die Berücksichtigung eines Verlustvortrags bei der Steuer viele Voraussetzungen und Einschränkungen. Dieser Beitrag fasst die wichtigsten Gesichtspunkte aus Sicht von Freiberuflern und anderen Selbstständigen zusammen.
Verlustausgleich: Beträge, Zeiträume und Voraussetzungen
Es gibt drei Formen des Verlustausgleichs:
- der Ausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten im selben Jahr,
- der Verlustausgleich durch Verlustrücktrag in ein früheres Jahr
- der Verlustausgleich durch Verlustvortrag in ein Folgejahr
Der Verlustausgleich wird auch in dieser Reihenfolge vorgenommen. Nur wenn durch den Ausgleich im selben Jahr noch ein Verlustbetrag übrigbleibt, ist der Verlustrücktrag möglich. Nur wenn dieser den Verlust nicht komplett ausgleicht oder wenn auf den Rücktrag verzichtet wird, kommt es zum Verlustvortrag.
Verlustausgleich im selben Jahr („vertikaler Verlustausgleich“):
Zunächst wird der mögliche Verlust in einer Einkunftsart durch positive Einkünfte einer anderen Einkunftsart im selben Jahr ausgeglichen. Im Einkommensteuerrecht gibt es sieben Einkunftsarten: Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (bei Freiberuflern) und aus Gewerbebetrieb, aus nichtselbstständiger Arbeit (als Arbeitnehmer), aus Land- und Forstwirtschaft, aus Kapitalvermögen (z. B. Zinserträge), aus Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte (z. B. Übergangsgeld oder Unterhaltszahlungen). Wenn der Jahresabschluss als Freiberufler rote Zahlen ergibt, das Minus aber durch Mieteinnahmen oder Dividendenzahlungen wettgemacht wird, ist kein Übertrag des Verlusts in ein anderes Jahr möglich.
Für Verluste aus Kapitalvermögen und aus privaten Veräußerungsgeschäften gilt eine Einschränkung: diese Verluste können nicht mit positiven anderen Einkunftsarten verrechnet werden, etwa mit selbstständigen Einkünften.
Verlustausgleich gefährdet Sonderausgabenabzug
Sowohl beim Verlustrücktrag wie beim Verlustvortrag wird der Verlustabzug "vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen" vorgenommen. Das bedeutet: Wenn der Verlustrücktrag das steuerliche Einkommen unter den Grundfreibetrag senkt, können abzugsfähige Aufwendungen wie Einzahlungen in eine Riester-Rente, Spenden an eine Stiftung oder die Kosten einer Kur steuerlich nicht mehr genutzt werden.
Auch der Grundfreibetrag selbst wird seit 2022 nicht mehr abgezogen, wenn ein Verlustrücktrag stattfindet, man profitiert also auch davon nicht.
Entsprechendes gilt für den Verlustvortrag. Er findet selbst dann statt, wenn in dem Folgejahr ohnehin keine Einkommensteuer angefallen wäre, weil die Einkünfte unter dem Grundfreibetrag lagen.
Der Verlustausgleich kann so die Nutzung anderer Steuervergünstigungen blockieren.
Wahlrecht zwischen Verlustvortrag und Verlustrücktrag – aber nur ganz oder gar nicht
Bis 2021 war es möglich, das Problem des verlorenen Sonderausgabenabzugs zu umgehen: auf Antrag konnten Selbstständige und andere Steuerpflichtige auf einen Teil des Verlustrücktrags verzichten.
Diese Möglichkeit besteht seit 2022 nicht mehr. Jetzt können Selbstständige nur noch auf den Verlustrücktrag insgesamt verzichten und stattdessen den Verlustvortrag wählen. Der Antrag oder Verzicht auf Verlustrücktrag beziehungsweise Verlustvortrag erfolgt in der Einkommensteuererklärung.
Ein teilweiser Verzicht ist auch beim Verlustvortrag nicht möglich.
Der Verlustabzug im Einkommensteuerrecht
Die im vorigen Abschnitt geschilderten Regeln zur steuerlichen Verlustverrechnung stehen im Einkommensteuergesetz (§ 10d EstG - Verlustabzug). Das Wachstumschancengesetz brachte eine Änderung dieses Paragrafen, die Prozentgrenze beim Verlustvortrag für die Steuer wurde befristet von 60 Prozent auf 70 Prozent erhöht
Steuerlicher Verlust und wirtschaftliche Verluste
Der Verlustausgleich bezieht sich nur auf steuerliche Verluste. Deshalb ist es wichtig, den wirtschaftlichen und den steuerlichen Verlust zu unterscheiden. Wirtschaftliche Verluste wollen Selbstständige nach Möglichkeit vermeiden, Sinn des Unternehmens ist ja die Gewinnerzielung. Ein steuerlicher Verlust hat dagegen Vorteile: er führt dazu, dass man im betreffenden Jahr keine Einkommensteuer bezahlt, und zudem einen Verlustausgleich durchführen kann.
Wirtschaftlicher und steuerlicher Ertrag werden unterschiedlich berechnet. Zum Beispiel darf ein Freiberufler, der sich Büromöbel als „bewegliche Güter des Anlagevermögens“ kauft, deren Kosten nicht komplett im Jahr der Anschaffung als Betriebsausgaben ansetzen. Wenn die Wertgrenze von 800 Euro für „geringwertige Wirtschaftsgüter“ überschritten ist, darf er bei linearer Abschreibung nur ein Dreizehntel der Kosten pro Jahr von seinem steuerlichen Gewinn abziehen, denn die Abschreibungsfrist für Büromöbel beträgt 13 Jahre. Das gilt auch dann, wenn er sie direkt und vollständig bezahlt hat und deshalb das Geschäftskonto ins Minus rutscht.
Umgekehrt verringern steuerfreie Einnahmen den steuerlichen Verlust nicht, obwohl sie die wirtschaftliche Situation verbessern. Angenommen, die Selbstständigkeit hat aufgrund längerer Krankheit bei laufenden Fixkosten einen Negativertrag ergeben. Im gleichen Jahr konnte sich der Freiberufler aber über einen Lottogewinn in sechsstelliger Höhe freuen. Der gewonnene Betrag ändert nichts am steuerlichen Verlust, denn Lottogewinne sind steuerfrei.
Verlustabzug und Steuergestaltung
Für Freiberufler und andere Selbstständige, bei denen der Gewinn von einem Jahr zum anderen stark schwankt und die immer wieder einmal Jahre mit großen finanziellen Belastungen erleben, bietet der Verlustausgleich große Chancen. Lassen Sie die Möglichkeit zum Verlustrücktrag und Verlustvortrag bei der Steuer in Jahren negativer steuerlicher Einkünfte ungenutzt, schenken sie dem Staat Geld. Der wird sich umgekehrt weniger großzügig zeigen und in Jahren mit gutem Gewinn auf seinem Steueranteil bestehen.
Aber Vorsicht: Es ist kompliziert. Am Verlustausgleich durch steuerliche Verlustverrechnung mit Verlustrücktrag und Verlustvortrag bei der Einkommensteuer zeigt sich die ganze Komplexität des deutschen Steuerrechts. Deshalb ist es für Selbstständige sinnvoll, sich Hilfe von einem Steuerberater zu holen, bevor sie einen Verlustrücktrag oder Verlustvortrag bei der Steuer beantragen.
Andernfalls ist die Gefahr groß, dass Steuervorteile verschenkt werden. Das kann beispielweise durch den Verlustrücktrag in ein Jahr geschehen, in dem dadurch mögliche Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen nicht geltend gemacht werden können, oder durch Verlustvortrag in ein Jahr, in dem ohnehin kaum Einkommensteuer zu zahlen ist. Daneben sind unternehmerische Gesichtspunkte relevant. So kann der Rücktrag zu einer Steuerrückerstattung führen, die kurzfristig die Liquidität verbessert. Der Vortrag kann die Steuerlast in einem Folgejahr verringern, indem möglicherweise ein hoher Gewinn erwartet wird. Auch bei solchen Fragen der Steueroptimierung ist Steuerberatung eine wichtige Hilfe, um den Verlustausgleich bei der Einkommensteuer optimal zu nutzen.
Bitte beachten Sie: Dieser Artikel dient lediglich einer ersten Information und ersetzt keine individuelle steuerliche Beratung. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Ihre Steuerberatung.