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Buchführungspflicht für Freiberufler und andere Selbstständige
Ab wann gilt Buchführungspflicht und für wen?
Buchführungspflicht für Selbstständige – was bedeutet das?
Wenn von der Buchführungspflicht bei Selbstständigen oder der Buchführungspflicht von Einzelunternehmen gesprochen wird, bezieht sich das auf zwei Fragen:
- Muss eine doppelte Buchführung praktiziert werden?
- Ist für jedes Geschäftsjahr eine Bilanz zu erstellen?
Um Missverständnisse auszuschließen: Alle Selbstständigen sind ohne Ausnahme gesetzlich dazu verpflichtet, Bücher zu führen. Wenn von der Buchführungspflicht für selbständige Tätigkeit die Rede ist, geht es in der Regel um die doppelte Buchführung. Das ist eine bestimmte Form, Bücher zu führen beziehungsweise die Geschäftsvorgänge aufzuzeichnen.
Manche Selbstständige und Unternehmen sind dazu verpflichtet, jedes Jahr eine Bilanz vorzulegen. Um diese Bilanz erstellen zu können, müssen sie ihre Geschäftsbücher nach den Vorgaben der doppelten Buchführung führen. Bilanz und doppelte Buchführung liefern sehr aussagekräftige Zahlen zu den Geschäftsvorgängen und zur Geschäftsentwicklung. Sie verursachen jedoch viel Aufwand.
Deshalb ist es eine klare Erleichterung, wenn keine Buchführungspflicht für die selbstständige Tätigkeit besteht. In diesem Fall genügt eine einfache Einnahmeüberschussrechnung, auch EÜR genannt, so zum Beispiel bei der Buchführung als Freiberufler
Buchführungspflicht bei Einzelunternehmen: Wer muss doppelte Buchführung betreiben und eine Bilanz erstellen?
Für wen und ab wann gilt Buchführungspflicht? Einzelselbstständige sind seit Jahresbeginn 2024 von der Buchführungspflicht betroffen, wenn die folgenden Punkte auf sie zutreffen:
- Sie betreiben ein Gewerbe.
- Ihr Jahresumsatz liegt über 800.000 Euro oder der Jahresgewinn beträgt mehr als 80.000 Euro.
Die Grenzwerte wurden durch das Wachstumschancengesetz mit Wirkung zum 01. Januar 2024 erhöht. Für frühere Jahre, d. h. bis 2023, ist ein Jahresumsatz von mehr als 600.000 Euro oder ein Gewinn von mehr als 60.000 Euro ausschlaggebend.
Daneben besteht in jedem Fall Buchführungspflicht für Selbstständige, wenn sie als eingetragene Kaufleute (e. K.) im Handelsregister verzeichnet sind. Das gilt unabhängig von Umsatz und Gewinn.
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Besteht eine Buchführungspflicht für Freiberufler? Klare Antwort: nein!
Selbstständige, die in einem freien Beruf tätig sind, müssen keine doppelte Buchführung betreiben. Wenn man den Aufwand betrachtet, ist die vereinfachte Buchführung für Freiberufler einer der steuerrechtlichen Vorteile, die dieser Status mit sich bringt, genau wie die Befreiung von der Gewerbesteuer. Allerdings verzichtet man mit der doppelten Buchführung und der Bilanz auch auf eine Reihe von steuerlichen Wahlmöglichkeiten. Diese können nur bilanzierende Unternehmen zur Optimierung ihrer Steuerlast nutzen.
In jedem Fall muss man sich keine Sorgen um eine mögliche Buchführungspflicht als Freiberufler machen, selbst wenn die Geschäfte sehr gut laufen und Umsatz und Gewinn sich prächtig entwickeln.
Buchführungspflicht bei anderen Rechtsformen
Für viele Gesellschaftsformen besteht Bilanzpflicht sowie Pflicht zur doppelten Buchführung. Das betrifft:
- jede GmbH, UG (haftungsbeschränkt) und AG, d. h. Kapitalgesellschaften
- jede OHG, KG und GmbH & Co. KG, d. h. Personenhandelsgesellschaften
Dagegen muss eine GbR erst dann zur doppelten Buchführung wechseln, wenn ihr Gewinn oder ihr Umsatz die oben genannten Grenzen überschreitet. Eine Partnerschaftsgesellschaft (PartG) ist von der steuerlichen Buchführungspflicht ganz befreit, da ihr nur Freiberufler angehören dürfen. Diese Gesellschaften müssen keine Bilanz erstellen.
Welche Rechtsformen sind bei einer Selbstständigkeit gängig und worin unterscheiden sie sich? Erhalten Sie wertvolle Tipps in unserem Beitrag.
Gesetzliche Grundlagen der Buchführungspflicht
Eine Bilanzpflicht und damit die Pflicht zur doppelten Buchführung kann sich sowohl aus dem Handelsrecht als auch aus dem Steuerrecht ergeben. Die handelsrechtlichen und die steuerrechtlichen Bilanzierungsvorschriften können in manchen Teilen voneinander abweichen.
- Grundlage der handelsrechtlichen Buchführungspflicht ist das Handelsgesetzbuch: es verpflichtet alle Kaufleute zum Führen von Büchern (§ 238 HGB) und zur Erstellung einer Bilanz (§ 242 HGB). Davon ausgenommen ist nur, wer die genannten Umsatz- und Gewinngrenzen nicht überschreitet (800.000 Euro bzw. 80.000 Euro, § 241a HGB).
- Die steuerlichen Buchführungsvorschriften stehen in der Abgabenordnung. Wenn Unternehmen und Selbstständige nach dem Handelsgesetzbuch oder einer entsprechenden ausländischen Vorschrift zur doppelten Buchführung verpflichtet sind, gilt das auch für das Steuerrecht (§ 140). Daneben gibt es noch eine eigene steuerrechtliche Buchführungspflicht (§ 141 AO).
Selbstständige, deren Gewinn oder Umsatz die oben genannten Beträge übersteigt, müssen nicht von sich aus und sofort zur doppelten Buchführung wechseln. Sie erhalten vielmehr einen Bescheid vom Finanzamt, der den Wechsel zur Bilanz vorschreibt.
Selbstständige können jederzeit freiwillig die EÜR aufgeben und stattdessen zur doppelten Buchführung und Bilanzerstellung wechseln. Das bedeutet mehr Aufwand, eröffnet aber zusätzliche steuerliche Gestaltungen und damit Möglichkeiten zur Steuerersparnis.
Buchführungspflicht: Der Unterschied zwischen doppelter Buchführung und Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR)
EÜR:
Die Einnahmeüberschussrechnung als einfache Form der Buchführung. Sie dient dazu, die Gewinne oder den Verlust aus der Selbstständigkeit zu ermitteln. Das Prinzip ist simpel und unterscheidet sich nicht wirklich vom Führen eines Haushaltsbuchs: Sämtliche Einnahmen und Ausgaben werden mit den zugehörigen Informationen aufgezeichnet (Zeitpunkt, von wem bzw. an wen, Anlass, Betrag, Umsatzsteuer etc.). Die Form ist nicht vorgeschrieben. Ein interner Kontenrahmen kann verwendet werden, das muss aber nicht sein. Am Ende des Jahres lassen sich die Zahlen der EÜR direkt in die gleichnamige Anlage zur Einkommensteuererklärung übertragen.
Die EÜR können Selbstständige, mit etwas Grundkenntnissen ausgestattet, problemlos selbst erstellen. Deshalb ist das Thema Buchführung für Freiberufler, bei denen in jedem Fall die EÜR genügt, keine große Hürde.
In unserem Artikel haben wir alles Wichtige zum Thema "Einnahmenüberschussrechnung für Freiberufler" für Sie zusammengefasst.
Doppelte Buchführung bei Buchführungspflicht
Bei der doppelten Buchführung wird jeder Geschäftsvorgang auf zwei internen Konten erfasst, einmal als Soll und einmal als Haben. Grundlage ist ein komplexes Kontensystem. Dieses umfasst zum einen Bestandskonten in Form von Aktiv- und Passivkonten (für Betriebsvermögen beziehungsweise Verbindlichkeiten) und zum anderen Erfolgskonten (für Ertrag und Aufwand).
Die doppelte Buchführung ist die Grundlage für eine Gewinn- und Verlustrechnung. Diese „GuV“ ergibt ein Saldo, ein Ergebnis „unterm Strich“. Sie liefert die Zahlen für die Passiv-Seite der Jahresbilanz, die als Abschluss des Geschäftsjahrs erstellt wird. Aus den Bestandskonten ergeben sich die Zahlen für die Aktiv-Seite.
Die doppelte Buchführung ermöglicht ein sehr präzises Nachvollziehen aller Transaktionen sowie der Entwicklung des betrieblichen Vermögens und des Eigenkapitals. Gleichzeitig ist die doppelte Buchführung, auch kaufmännische Buchführung genannt, wesentlich aufwendiger als ein einfaches Buchführungssystem gemäß EÜR, bei dem Geschäftsvorgänge nur einmal als Einnahme oder Ausgabe verbucht werden.
Besteht Buchführungspflicht bei einer selbstständigen Tätigkeit, muss der oder die Selbstständige sich entweder eigene Buchführungskenntnisse aneignen, sachkundiges Personal für die Buchhaltung einstellen oder einen Steuerberater, eine Steuerberaterin oder einen Anbieter für vorbereitende Buchführung mit dem Buchen beauftragen. Das Fehlen einer Bilanz- und Buchführungspflicht für Freiberufler ist so gesehen ein Vorteil, denn dies spart Zeit und Aufwand. Ein Nachteil ist, dass bestimmte steuerliche Wahlrechte an Bilanz und doppelte Buchführung gebunden sind. Diese Möglichkeiten gehen verloren, wenn als Buchführung für Freiberufler nur EÜR genutzt wird.
Buchführung in der Praxis
Unabhängig von der Frage, ob EÜR ausreicht oder eine doppelte Buchführungspflicht für das Einzelunternehmen besteht, müssen die Geschäftsbücher in korrekter Weise geführt werden. Dazu gehört die Einhaltung der GoBD, der „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form“. Bei Verstößen kann das Finanzamt die mangelhaft geführten geschäftlichen Aufzeichnungen ignorieren und stattdessen Gewinn und Umsatz schätzen. Die Folge ist fast immer eine höhere Steuerlast. Auch Bußgelder sind möglich.
Zu den wichtigsten Regeln der GoBD gehört folgendes:
- Die Buchführung muss richtig, nachvollziehbar und nachprüfbar sein, die Buchungen müssen fortlaufend, zeitnah, vollständig und jeweils einzeln erfolgen.
- Es darf keine Buchung ohne Beleg geben. Als Beleg zur Buchung dienen Rechnungen, Quittungen oder Verträge, notfalls auch selbst ausgestellte Eigenbelege.
- Buchungen, Belege, Geschäftskorrespondenz und Begleitunterlagen wie Kontoauszüge müssen den gesetzlichen Fristen entsprechend aufbewahrt werden. Bilanzen, Rechnungen und Inventurunterlagen müssen beispielsweise 10 Jahre, Geschäftsbriefe sechs Jahre lang aufbewahrt werden.
- Die Buchführungssysteme einschließlich der eingesetzten Software sollten Revisionssicherheit gewährleisten. Jede nachträgliche Änderung oder Löschung von Buchungen, Belegen und Dokumenten muss vom System aufgezeichnet werden, um für Manipulationssicherheit zu sorgen. Außerdem muss dafür gesorgt werden, dass die Daten während der Dauer der Aufbewahrungspflicht selbst dann zur Verfügung stehen, wenn Programme oder IT-Systeme gewechselt werden.
- Eine oft ignorierte Vorgabe der GoBD betrifft die Pflicht zur Verfahrensdokumentation: Jedes Unternehmen und alle Selbstständigen sollten die grundlegenden Abläufe und Prinzipien dokumentieren, nach denen sie ihre Buchführung organisieren.
Fehlende Beachtung dieser Grundsätze ist ein häufiges Problem bei der Buchführung von Selbstständigen. Viele Gründerinnen und Gründer zeichnen ihre Einnahmen und Ausgaben nach einem spontan ausgedachten System mit Programmen wie Microsoft Word oder Excel auf. Quittungen werden im sprichwörtlichen Schuhkarton, Rechnungen in einem beliebigen Ordner abgelegt. Nach wenigen Monaten ist die Übersicht über die Umstände der einzelnen Buchungen komplett verloren gegangen.
Es lohnt sich, von Beginn an auf eine korrekte Buchführung zu setzen und die Buchungen vom ersten Tag an mit einem der gängigen Buchführungs- und Rechnungsverwaltungsprogramme zu erledigen. Ob es sinnvoll ist, die Buchführung ganz oder teilweise an ein Steuerbüro zu delegieren oder einen Büroservice mit der vorbereitenden Buchhaltung zu beauftragen, hängt von den eigenen Vorkenntnissen und der Komplexität der Buchungsvorgänge im individuellen Fall ab.
Entscheidend ist, dass die Buchführung allen Anforderungen genügt – ob es sich um die einfache Buchführungspflicht bei Freiberuflern und Selbstständigen bis zur Gewinn- und Umsatzgrenze handelt oder um die doppelte Buchführungspflicht bei Selbstständigen, die eine Bilanz erstellen müssen
Bitte beachten Sie: Dieser Artikel dient lediglich einer ersten Information und ersetzt keine individuelle steuerliche Beratung. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Ihre Steuerberatung.