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Eine digitale Unternehmenskultur stellt den Mensch in den Mittelpunkt
Change Management in der Digitalisierung
Eine Home-Office-Regelung macht noch keine digitale Unternehmenskultur. Nicht mal, wenn sie um Yogakurse im Betrieb und ein veganes Tagesgericht in der Kantine ergänzt wird. Eine digitale Arbeits- und Führungskultur haben Unternehmen erst, wenn sie Mitarbeitende mit all ihren fachlichen und sozialen Kompetenzen, ihren Ideen aber auch ihrer Kritik und ihren Sorgen ernst nehmen und so dazu motivieren, zum Firmenerfolg im durch die Digitalisierung immer anspruchsvoller werdenden Wettbewerb beizutragen.
Dieser ist dadurch geprägt, dass Unternehmen und ihre Kunden heute schneller und direkter als je zuvor miteinander kommunizieren. Zugleich haben Anbieter von Produkten und Dienstleistungen ein erhebliches Wissen über deren Nutzer:innen. Diese erwarten im Gegenzug, dass Unternehmen ihre Wünsche und Bedürfnisse vollumfänglich befriedigen. So entstehen von Car-Sharing-Plattformen bis zur vorausschauenden und remoten Instandhaltung im Maschinenbau neue Geschäftsmodelle, die Märkte in rasender Geschwindigkeit auf den Kopf stellen.
Ein „weiter so“ gibt es nicht
Wer glaubt, er könne vor diesen Disruptionen bestehen und in seinem oder ihrem Unternehmen alles beim alten belassen, begeht einen fatalen Fehler. Denn die herkömmlichen Entscheidungskaskaden in vielen Unternehmen sind zu langsam, um auf den digitalen Wandel reagieren zu können. Mitarbeitende, die in Linienstrukturen „geführt“ werden und Anweisungen von „Vorgesetzten“ ausführen, werden zudem weder die sich wandelnden Anforderungen der Kundschaft aufmerksam beobachten, noch neue Produkt- und Dienstleistungsideen entwickeln, mit denen Unternehmen auf diesen Bedarf reagieren könnten. Auch Führungskräfte können das nicht, wenn es keine digitale Unternehmenskultur gibt. Denn dann ist der Betrieb in der Regel in Abteilungen gegliedert, die oft weder miteinander sprechen, noch im Dienste des gemeinsamen Unternehmenserfolgs zusammenarbeiten. Stattdessen verschwindet das in der Organisation vorhandene Wissen in Silos.
In zwei von drei Betrieben scheitert die Digitalisierung an der Unternehmenskultur
Leider beschreibt all dies nicht die Situation in einigen wenigen Unternehmen, die die Zeichen der Zeit nicht verstanden haben. Die etablierte Führungs- und Arbeitskultur behindert in zwei von drei Betrieben die digitale Transformation. Das gaben gut 1.700 Mitarbeitende aus 340 Unternehmen an, die die Unternehmensberatung Capgemini zu diesem Thema befragte. Personen aus deutschen Organisationen bemängelten sogar zu 72 Prozent die Unternehmenskultur in ihren Firmen. Andere Untersuchungen kommen zu ähnlichen Ergebnissen. So gaben in einer Studie der Bertelsmann Stiftung 86 Prozent der Befragten an, dass bei ihrem Arbeitgeber die Führungskräfte vorgeben, wie Produkte, Dienstleistungen oder Geschäftsprozesse verändert werden, um auf den digitalen Wandel zu reagieren. Mitarbeitende würden an der Entwicklung der neuen Angebote nicht beteiligt. Nicht mal jeder fünfte Arbeitgeber bemüht sich, dies zu ändern und treibt den für die Digitalisierung nötigen Kulturwandel voran, ergab wiederum eine Umfrage des britischen Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag von Microsoft unter 1073 deutschen Arbeitnehmer:innen.
Bei Vorreitern der Digitalisierung steht der Mensch im Mittelpunkt
Offensichtlich fehlt es in vielen Unternehmen also an der Führungskompetenz, die sie bräuchten, um sich zu digitalisieren. In Unternehmen, die die digitale Transformation erfolgreich bewältigt haben, haben neun von zehn Führungskräften verstanden, dass sie Mitarbeitenden vertrauen und deren Vorbehalte und Ängste vor dem digitalen Wandel ernst nehmen müssen, ergab die Untersuchung von Capgemini.
Sie zeigt auch, dass es in immerhin jedem dritten Unternehmen solch eine Führungs- und Arbeitskultur gibt. Diese Organisationen
orientieren sich zudem konsequent an den Bedürfnissen und der Nachfrage ihrer Kundschaft,
fördern unter ihren Mitarbeiter:innen unternehmerisches Denken,
ermöglichen diesen selbstorganisiert, flexibel sowie agil zu arbeiten und Entscheidungen zu treffen,
legen Wert auf offene und transparente Kommunikation über Abteilungsgrenzen und Hierarchieebenen hinweg sowie auf eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit aller Kolleg:innen,
fordern von Führungskräften einen wertschätzenden Umgang mit ihren Mitarbeitenden und die Bereitschaft, Prozesse zu steuern, statt Aufgaben und Anordnungen zu verteilen,
und belohnen in ihrer Belegschaft Lernbereitschaft, Innovationen und die Offenheit für neue digitale Technologien und Prozesse.
Eigenverantwortung und Gestaltungsfreiräume motivieren Mitarbeitende
Die Vorreiter der Digitalisierung „fördern Arbeitsbedingungen, die Gestaltungsfreiräume öffnen und an die Selbstverantwortung ihrer Belegschaft appellieren. Das höhere Maß an persönlicher Freiheit steigert nicht nur Arbeitsfreude und Leistungsbereitschaft, sondern sorgt auch für einen Teamgeist, der das frühere Konkurrenzdenken durch den Willen zur Zusammenarbeit ersetzt“, stellen die Autoren der Capgemini-Studie fest. Solche Unternehmen hätten verstanden, dass ihre Mitarbeitenden eines ihrer wichtigsten Assets sind und daher eine Unternehmenskultur geschaffen, die Menschen an ihrem Arbeitsplatz psychologische Sicherheit bietet. So fördern sie das Engagement, die Kreativität und das kritische Mitdenken aller Teammitglieder.
So etablieren Sie eine digitale Unternehmenskultur
Eine solche Unternehmenskultur lässt sich nicht über Nacht aufbauen. Das dauert Jahre – insbesondere, wenn der bisherige Erfolg einer Firma auf ihrer Betriebskultur und den Rollen sowie dem Beitrag einzelner Führungskräfte beruht. Gerade dann ist es besonders wichtig, das Mammutprojekt „digitale Transformation“ mit einer Analyse der bisherigen Unternehmenskultur zu beginnen. Diese darf sich allerdings nicht auf eine Beschreibung der bisherigen Strukturen beschränken. So erfahren Verantwortliche nicht, warum sich die in ihren Unternehmen herrschende Arbeits- und Führungskultur ausgebildet hat und was es bräuchte, um sie zu ändern. Eine echte Kulturanalyse versucht die innere Logik von Haltungen und Gewohnheiten der in einer Organisation tätigen Menschen zu verstehen. Nur wer Kolleg:innen nach den Gründen fragt, weshalb sie sich so und nicht anders verhalten, stößt auf die Dinge, die verändert werden müssen, um eine neue Kultur aufbauen zu können.
Führen Sie daher strukturierte Interviews mit ihren Mitarbeiter:innen oder lassen Sie diese von Experten führen und hören Sie Kolleg:innen wo immer möglich genau zu – egal, ob in Meetings, im Flurfunk oder auf gemeinsamen Außenterminen.
Kommunizieren Sie ehrlich und auf Augenhöhe
Jeder Wandel setzt zudem eine ehrliche und gleichberechtigte Kommunikation unter allen an der Transformation Beteiligten und von ihr Betroffenen voraus. So gewinnen Kolleg:innen das Gefühl, als kompetente Mitarbeiter:innen fachlich ernst genommen und als Menschen mit ihren Zweifeln und Sorgen „gesehen“ zu werden. Das ist unerlässlich, um Ängste abzubauen und Menschen dazu zu bewegen, in neuen Bahnen zu denken.
Allerdings dürfen Mitarbeiter:innen nicht den Eindruck gewinnen, dass ihnen der Chef oder die Chefin die Wahrheit in Raten vermittelt. Genauso schädlich ist es, wenn die Kommunikation unklar und nicht authentisch ist. Dann entsteht der Verdacht, das Unternehmen verfolge mit der Digitalisierung von Arbeitsprozessen eine Hidden Agenda und stelle eventuell Arbeitsplätze zur Disposition.
Erklären Sie Ihren Kolleg:innen also bei jedem neuen Digitalisierungsprojekt ehrlich,
welche Ziele Sie genau anstreben
wie Sie diese erreichen wollen und
welche Neuerungen Sie gerne einführen würden, um diese zu erreichen,
weshalb Sie sich zu dieser Vorgehensweise entschlossen haben
und was ganz konkret die nächsten Schritte sein werden.
Holen Sie sich Feedback von Ihren Mitarbeiter:innen und nehmen Sie dieses ernst
Fordern Sie aber auch Feedback ein und nehmen Sie dieses ernst. Wenn die von Veränderungen Betroffenen und an ihnen beteiligten Mitarbeiter:innen erkennen, dass sie mit ihren Anregungen, ihrer Kritik, ihren Zweifeln und Ängsten gehört werden, haben sie das Gefühl den Wandel beeinflussen und selbst vorantragen zu können, statt nur Verfügungsmasse in einem von ihnen nicht kontrollierbaren Prozess zu sein.
Diesen Austausch können Sie bei Gesprächen in der Kaffeeküche und auf dem Flur pflegen. Während des Kulturwandels ist Überzeugungsarbeit schließlich Ihre wichtigste Führungsaufgabe. Sie können die Transformation – wenn nichts anderes anliegt – auch zum Thema der Wochenkonferenz machen. Noch besser erfolgt der Austausch allerdings in eigens dazu organisierten Workshops.
Stellen Sie Ihre Rolle und Aufgabe als Führungskraft auf den Prüfstand
Führung erfordert in einer digitalen Unternehmenskultur allerdings mehr als den wertschätzenden Umgang der Geschäftsleitung mit Mitarbeiter:innen und die hierarchiefreie Kommunikation mit ihnen. Führungskräfte müssen sich auch selbst in Frage stellen und ihre Aufgabe und Rolle von Grund auf neu definieren. Sie sind keine Manager:innen mehr, die Vorgaben operativ umsetzen müssen, Mitarbeitende dazu Aufgaben erteilen, deren Erledigung kontrollieren und „Untergebene“ins Glied stellen, wenn sie mit deren Arbeit nicht zufrieden sind. In einer digitalen Unternehmenskultur sind Sie Mentorin und Coach, erkennen das Potenzial ihrer Kolleg:innen, schaffen Arbeitsbedingungen, in denen diese ihre Kompetenzen voll zur Geltung bringen können und bieten Trainings und Schulungen an, damit sie sich weiterentwickeln können.
Etablieren Sie einen neuen Umgang mit Fehlern
Führung in einer digitalen Unternehmenskultur erfordert auch einen neuen Umgang mit Fehlern. Denn wenn Mitarbeiter:innen Angst haben, vor ihrem Team beschuldigt und zurechtgewiesen zu werden, wenn etwas nicht funktioniert, werden sie sich nicht über das geforderte Maß hinaus für das Unternehmen und seine Digitalisierung engagieren. Um ihre Position in einem von Misstrauen geprägten Umfeld zu sichern, werden sie auch ihr Wissen und ihre Erfahrungen kaum mit anderen Kolleg:innen teilen.
Erlauben Sie Mitarbeitenden sich selbst zu organisieren
Führungskräfte, die sich als Begleitung und nicht als Vorgesetzte sehen, werden sich leichter tun, im Zuge der digitalen Transformation entscheidende Bereiche im Unternehmen anders zu organisieren. Statt traditioneller Abteilungsstrukturen erfordert die Digitalisierung Teams, in denen Mitglieder aus unterschiedlichen Funktionsbereichen des Unternehmens zusammenarbeiten. Die Kolleg:innen entscheiden dabei selbst, mit welchen Arbeitsweisen sie ihre jeweilige Aufgabe erledigen wollen. Sie legen auch fest, wer in den Teams welche Rolle und Aufgabe übernimmt. Im Idealfall sorgen Führungskräfte nur noch dafür, dass die Kolleg:innen alle Ressourcen haben, die sie für ihre Arbeit brauchen und sich diese in die übrigen Vorgänge im Unternehmen einfügt.
Suchen Sie Talente mit digitalem Mindset
Doch selbst wenn Führungskräfte alles geben, um solch eine Unternehmenskultur zu entwickeln – wenn Mitarbeitende die Bereitschaft fehlt, sich auf den digitalen Wandel einzulassen und sich zu verändern, stoßen sie an Grenzen. Wie die Studie von Capgemini zeigt, ist die Einstellung von Personal mit einem digitalen Mindset eine erfolgsentscheidende Maßnahme für Unternehmen, die die digitale Transformation bewältigt haben. Dazu gehören Führungskräfte, die offen für die digitale Welt sind, sowie Schulungs- und Coaching-Angebote. Auch müssen Jobprofile etabliert werden, die die Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg ermöglichen und anregen. Wichtige Impulse und neue Sichtweisen bringen zudem Freelancer:innen ins Unternehmen, vor allem wenn sie in anderen Organisationen bereits erfolgreich Digitalisierungsprojekte begleitet haben.
Vergessen Sie nicht Etappensiege zu feiern
Ein Rat zum Schluss: Der digitale Kulturwandel in Ihrem Unternehmen ist eine lange und mühsame Reise. Überfordern Sie sich und Ihre Mitarbeiter:innen nicht damit. Feiern Sie deshalb, wenn Sie Etappen erfolgreich bewältigt haben. Das motiviert. Denn es macht allen Beteiligten bewusst, was sie bereits erreicht haben.
Damit der lange Weg nicht zu beschwerlich wird, dürfen begleitend zum Kulturwandel übrigens auch die Arbeitsbedingungen für Ihre Mitarbeitenden angenehm sein. Nichts spricht dagegen, dass sie sich zur ungestörten Arbeit ins Home Office oder mit dem Laptop und einem Chai Latte auf die Sonnenterrasse zurückziehen.
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Wir haben zahlreiche Tipps rund um die Digitalisierung und Change Management in unseren Artikeln aufbereitet.
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Ihre Checkliste für den digitalen Kulturwandel
- Beginnen Sie die digitale Transformation mit einer Analyse Ihrer Unternehmenskultur. Fragen Sie gezielt danach, weshalb sich Ihre Mitarbeiter:innen so verhalten, wie sie es tun. Nur so erfahren Sie die Dinge, die es zu ändern gilt.
- Kommunizieren Sie ehrlich, glaubwürdig und auf Augenhöhe mit Ihren Kolleg:innen. Um den Kulturwandel mittragen zu können, müssen diese verstehen, worum es geht, was und wieso Sie etwas vorhaben.
- Holen Sie sich Feedback von Ihren Mitarbeiter:innen und nehmen Sie dieses ernst. Das gibt Menschen das Gefühl, dass sie „gesehen“ und ihre Kompetenzen geschätzt werden. Das motiviert sie, sich einzubringen und den Wandel aktiv mitzutragen.
- Stellen Sie Ihre Rolle und Aufgabe als Führungskraft auf den Prüfstand. In einer digitalen Unternehmenskultur sind Sie nicht mehr Vorgesetzte:r, sondern Mentor und Coach.
- Etablieren Sie einen neuen Umgang mit Fehlern. Diese sind für alle an dem Kulturwandel Beteiligten eine Chance, zu lernen.
- Erlauben Sie Teams, sich selbst zu organisieren und ihre Aufgabe so zu erfüllen, wie sie es am besten finden.
- Suchen Sie Talente mit digitalem Mindset und holen Sie sich für den Kulturwandel mit erfahrenen Freelancer:innen Impulse und Sichtweisen von außerhalb des Unternehmens ins Haus.
- Vergessen Sie nicht Etappensiege zu feiern. Das motiviert auf dem langen Weg der digitalen Transformation und rückt allen, die dabei sind, bereits erreichte Erfolge ins Bewusstsein.