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Green-IT: So übernehmen Unternehmen ökologische und soziale Verantwortung
Der Druck ist gewaltig: 86 Prozent der deutschen Unternehmen glauben, dass der Digital- und IT-Branche eine Vorreiterrolle beim Kampf gegen die Erwärmung der Erdatmosphäre zukommt. Schließlich böte die Digitalisierung ein gewaltiges technisches Potenzial für den Klimaschutz, meinen 78 Prozent der Betriebe. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Herbst 2020 von der Unternehmensberatung Accenture und dem Digitalverband Bitkom veröffentlichte Studie.
Branchenübergreifend nutzt jedoch nicht mal jedes zweite Unternehmen diese Möglichkeiten. Zwar wollen 46 Prozent der Befragten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt klimaneutral wirtschaften. Nur jede zehnte Organisation will dieses Ziel aber bereits in den kommenden fünf Jahren erreichen. Dies bestätigte schon 2019 die alljährlich vom Beratungshaus Deloitte erstellte „European CFO Survey“ unter Finanzvorständen europäischer Unternehmen.
Bleibt der Beitrag der IT zum Klimaschutz unbeachtet?
Ihr zufolge haben sieben von zehn Betrieben Maßnahmen getroffen, um die Energieeffizienz ihrer Büro- und Produktionsgebäude zu steigern. Immerhin 47 Prozent der Teilnehmenden setzen auf energieeffiziente Maschinen. Vier von zehn Unternehmen beziehen den von ihnen benötigten Strom aus erneuerbaren Energiequellen, jedes dritte entwickelt klima- und umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen.
Einen Ansatzpunkt für Maßnahmen, durch die Unternehmen zugleich klima- und umweltfreundlicher wie sozial verantwortungsvoller wirtschaften können, nennt die Deloitte-Studie allerdings erstaunlicherweise nicht: die IT. Dabei können die Betriebe nicht nur der Ausbeutung von Arbeitskräften in Entwicklungs- und Schwellenländern ihre Unterstützung entziehen, sondern auch massiv Energie sparen, wenn sie ihre IT ökologisch und sozial verantwortungsvoll planen und beschaffen.
Rechenzentren verbrauchen weltweit den Strom von über 1100 Atomkraftwerken
Immerhin legt der Jahresstromverbrauch aller weltweiten Rechenzentren Zahlen der Europäischen Kommission zufolge bis 2025 um 21 Prozent auf gut 90 Terawattstunden zu. Fünf Jahre später werden sie laut einem Bericht der Agence de la transition écologique der französischen Regierung 13 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs verursachen. Das entspricht der Leistung von 1130 Atomkraftwerken. Computer, Tablets, Smartphones und andere Geräte in der Edge verbrauchen dann so viel Strom, dass weltweit weitere 3300 Meiler betrieben werden müssten. Da sich nicht sagen lässt, aus welchen Energiequellen alle weltweit betriebenen Rechenzentren ihren Strom beziehen, lässt sich aus ihrem Verbrauch nicht berechnen, wie viel Kohlendioxid (CO₂) durch ihren Betrieb entsteht. Die Consultants von Accenture schätzen jedoch, dass sich allein durch Cloud-Computing 59 Millionen Tonnen CO₂ einsparen ließen – so viel wie 22 Millionen Autos ausstoßen.
Green-IT ist Chefsache
Unternehmen, die zu diesen Einsparungen beitragen wollen, brauchen eine in der Geschäftsleitung oder auf Ebene des Vorstands angesiedelten verantwortliche Person, die den Wandel zur nachhaltigen Organisation plant und steuert. Schließlich wird dabei eine für den Erfolg des Unternehmens kritische Funktion tiefgreifend und umfassend neu ausgerichtet. Außerdem geht es darum, Kostenstrukturen grundlegend zu optimieren und die übernommene soziale und ökologische Verantwortung Kunden und potenziellen Mitarbeitenden gegenüber professionell zu kommunizieren. Das lohnt: In der Generation Y achten immerhin vier von zehn Verbrauchern bei einem Kauf darauf, wie nachhaltig der Hersteller des Produkts wirtschaftet, ergab eine Studie von Deloitte.
Freelancer unterstützen nachhaltige Unternehmen mit Erfahrung und Know-How
Es lohnt sich außerdem, sich bei diesem Prozess das Know-how und die Erfahrung freier IT-und Engineering-Experten an Bord zu holen. Sie blicken von außen kommend unvoreingenommen auf das Geschehen im Betrieb und scheuen sich anders als mancher seit Jahren fest angestellte Mitarbeitende nicht, historisch gewachsene Zustände zu verändern, wenn das Unternehmen dadurch nachhaltiger wird. Außerdem verfügen sie über die Erfahrung und Expertise, die es braucht, um die über viele Abteilungen verteilten Ansatzpunkte für den Wandel zur nachhaltigen Organisation zu erkennen und in ein bereichsübergreifendes Konzept zu integrieren.
Unternehmen sollten sich daher einen Qualitätsmanager suchen, der weiß, wie sich Systeme ressourcen- und umweltschonend aufsetzen lassen. Dieser wird zunächst eine Bestandsaufnahme durchführen, Optimierungspotenzial identifizieren und ein Team aus festangestellten Kollegen und gegebenenfalls weiteren freien Experten aufstellen, um die Unternehmens-IT nachhaltiger zu machen.
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Green-IT erfordert eine transparente Software- und Systemlandschaft
Dazu wird das Team zunächst die Soft- und Hardware-Landschaft des Unternehmens sowie deren Nutzung durch seine Mitarbeitende gründlich analysieren. Sie müssen auch wissen, welche Daten wo im Unternehmen entstehen, wie sie verarbeitet und gespeichert werden und welche davon für den Betrieb und die Entwicklung neuer Produkte wirklich benötigt werden. Nicht zuletzt ist der Stromverbrauch von Servern und Endgeräten sowie betriebsinterner Mobilfunknetze präzise zu ermitteln.
Nur wer diese Transparenz hat, weiß, wie groß die IT-Architektur dimensioniert werden muss und wie viele Software-as-a-Service-Abos für die Mitarbeitenden gebraucht werden. Beides können Unternehmen dann als Dienstleistungen in der Cloud einkaufen und dort je nach ihrem Bedarf flexibel erweitern oder herunterskalieren. Allein dadurch lässt sich der CO₂-Footprint eines Unternehmens um bis zu 84 Prozent verkleinern.
Unternehmen verkleinern mit der Cloud ihren CO₂-Footprint
Wer dagegen versucht, diese Funktionen mit unternehmenseigener Infrastruktur abzubilden, nimmt nicht selten in Kauf, dass diese Systeme über 80 Prozent der Zeit leerlaufen. Das ist nicht nachhaltig. Die Betreiberfirmen von Rechenzentren hingegen haben nicht nur ein Interesse daran, mehrere virtuelle Maschinen auf einem einzigen realen Server laufen zu lassen. Sie unterhalten diesen auch mit so wenig Energie wie möglich. Denn dadurch steigt ihre Gewinnmarge – und der Beitrag ihrer Kunden zum Schutz des Klimas.
Diese nutzen die Rechenleistung in der Cloud noch effizienter, wenn sie zugleich ihr Datenmanagement optimieren, wo immer möglich auf Open-Source-Software setzen und IT-Prozesse automatisieren.
Ohne nachhaltige Datenstrategie keine Green-IT
Denn wer alle Daten vorhält, die im Unternehmen oder beim Betrieb seiner Produkte entstehen, braucht gewaltige Mengen an energieintensivem Speicherplatz. Deshalb ist es nachhaltiger, nur die Daten zu speichern, die für die Optimierung des Betriebs und die Produktentwicklung wirklich erforderlich sind. Mitarbeitende sollten diese Daten zudem genauso wie Dokumente nur in einem zentralen Ordner bearbeiten können. Denn auch verschachtelte Ablage- und Ordnerstrukturen erfordern bei Backups viel Strom und sind nicht mit einer grünen Datenstrategie vereinbar.
In diese fügen sich IT-Prozesse wie die regelmäßige Sicherung und Synchronisierung von Daten zudem nur ein, wenn sie zu Zeiten stattfinden, in denen das bedarfsgerecht dimensionierte System nicht anderweitig ausgelastet ist. Mit künstlicher Intelligenz lassen sich solche Prozesse zudem genau dann starten, wenn gerade besonders viel grüner Strom durch die öffentlichen Leitungen fließt.
Open Source schont das Klima
Open-Source-Software schließlich entlastet Systeme, weil sie herstellerneutral ist, offene Schnittstellen hat und sich dadurch flexibel in einer Vielzahl unterschiedlicher Server-Systeme und Datenbanken einsetzen lässt. Da Open-Source-Code weniger aufwändig geschrieben ist und dadurch weniger Rechenleistung braucht, sparen durch ihn auch die Produkte Strom und Emissionen, in denen er integriert ist.
Überhaupt hat die Wahl der für einen bestimmten Zweck am besten geeigneten Programmiersprache einen erheblichen Einfluss auf den Energiebedarf einer Anwendung. So führt der Einsatz der falschen Sprache beim Training von Bilderkennungsalgorithmen zu einem um das Siebenfache höheren Stromverbrauch aber nur einer marginal besseren Bildverarbeitung.
Mini-PCs, Thin Clients und Tintenstrahldrucker senken den Stromverbrauch
Auch beim Einkauf von Hardware achten nachhaltige Unternehmen darauf, nur das zu beschaffen, was sie wirklich benötigen. Sie wissen, dass ein überdimensionierter Bestand an üppig ausgestatteten Endgeräten ihr IT-Budget genauso belastet wie die Umwelt und das Klima. An Büroarbeitsplätzen reichen beispielsweise oft Mini-PCs oder Thin Clients, die nur aus Tastatur, Maus, Monitor und Headset bestehen und auf serverbasierte Programme zugreifen. Ihr Energiebedarf liegt meist bei bescheidenen 15 bis 25 Watt. Ein Desktop-PC dagegen zieht 50 bis 100 Watt aus dem Netz. Noch nachhaltiger handelt, wer Laserdrucker gegen Tintenstrahler austauscht. Diese haben in den vergangenen Jahren technisch massiv aufgeholt und verbrauchen statt bis zu 400 nur zwischen zehn und 20 Watt.
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Mit Refurbished Hardware Ressourcen schonen
Wer seinen Bestand an Geräten abspeckt und auf deren Energieeffizienz achtet, spart nicht nur selbst Strom- sowie Investitions- und Wartungskosten. Das trägt auch dazu bei, dass die globale Hardware-Industrie weniger Energie und Rohstoffe verbraucht. Ebenso wirkt der Kauf von für den professionellen Einsatz aufbereiteten Geräten statt Neuware. Somit werden beim Austausch von Prozessoren oder Graphic-Processing-Units nicht gleich auch die Kabel, Gehäuse, Netzteile und Busse der Einheiten mit entsorgt, in denen die Komponenten verbaut sind. Schützenhilfe bekommen Unternehmen dabei ab diesem Jahr von der Europäischen Union. Sie will Hardwarehersteller dazu verpflichten, Geräte künftig zu reparieren und technisch nachzurüsten. Das verlängert deren Lebensdauer und vermeidet unnötigen Elektronikmüll.
Hardware sozial verantwortungsvoll beschaffen
Wenn Unternehmen wirklich zu verantwortungsvollen nachhaltigen Organisationen werden wollen, verpflichten sie ihre Einkäufer außerdem dazu, Hardware nur bei Lieferanten zu beschaffen, die keine unter menschenverachtenden Bedingungen gewonnenen Rohstoffe verarbeiten und die Arbeitnehmerrechte ihrer Mitarbeitenden schützen – auch und gerade in Fertigungsstätten in Schwellen- und Entwicklungsländern. Orientieren können sich Beschaffende dabei an Qualitätssiegeln wie dem Label „TCO Certified“. Dieses wird von unabhängigen Verifizierungsorganisationen wie dem TÜV Rheinland nach einer umfangreichen Prüfung von Produkten und Fertigungsbedingungen vergeben und gilt als Vorreiter bei der Bewertung sozialer Nachhaltigkeitskriterien. Auch das Label „Blauer Engel“ des Bundesumweltministeriums sowie das „Ecolabel“ der EU berücksichtigen zunehmend die Arbeitsbedingungen in den Werken der Hardwarehersteller.
Möglichkeiten der Digitalisierung für den Klimaschutz nutzen
Wer all dies beherzigt, kommt auf dem Weg zum nachhaltigen Unternehmen ein großes Stück voran. Die Palette der Möglichkeiten grüner IT ist damit jedoch nicht erschöpft. Auch die Nutzung der Geräte lässt sich klimafreundlicher gestalten. So fahren Mitarbeitende verantwortungsbewusster Unternehmen ihre Laptops und Desktop-Rechner jeden Abend herunter. Zugleich schaltet sich das WLAN im Betrieb nachts und an Wochenenden automatisch ab. Auch wer Angestellten gestattet, im Home Office zu arbeiten und statt auf Meetings im Büro auf Videokonferenzen setzt, nutzt IT nachhaltig. Das reduziert die Zahl der Dienstreisen und spart Kollegen die Fahrt ins Büro. Selbst wenn diese mit der Bahn und dem öffentlichen Nahverkehr erfolgt, entstehen dabei Kohlendioxid-Emissionen.
Die Möglichkeit, diese zu vermeiden, bietet die Digitalisierung nicht erst seit dem Beginn der aktuellen Pandemie. Geschäftspartner und Verbraucher setzen Unternehmen daher zu Recht unter Druck, diese Chancen auch zu nutzen.